- Rohstoffe: Erzlagerstätten im Meer
- Rohstoffe: Erzlagerstätten im MeerDie pessimistische Prognose des Club of Rome zur Lage der Rohstoffvorräte beunruhigte so lange die Öffentlichkeit, bis wenige Jahre darauf mehrere spektakuläre Funde die Lage entspannten. Zu den wohl wichtigsten gehörte die Entdeckung der »Schwarzen Raucher«. Diese etwa 350 Grad Celsius heißen Quellen am Meeresgrund, Geologen bezeichnen sie als Hydrothermalsysteme, liefern einen beträchtlichen Nachschub an Sulfiderzen. Sie bilden sich dort, wo sich der Meeresboden öffnet und Magma nach oben strömt. Solche Stellen finden sich überall an den Mittelozeanischen Rücken.Ähnliches gilt für die Back-Arc-Becken, wo die Konvektionsströmungen ozeanische Kruste unter andere ozeanische Kruste ziehen, etwa im Bereich der Tonga-Subduktionszone. Auch dort fanden Geologen Schwarze Raucher und stellten sogar fest, dass die Erzlieferanten dort noch weitaus zahlreicher und aktiver sind als an den Mittelozeanischen Rücken.Der Abbau dieser Erze am Meeresgrund ist sehr aufwendig. Da die Geologen inzwischen jedoch wissen, wie solche Lagerstätten heute entstehen, können sie Rückschlüsse ziehen, wie solche Lagerstätten in der Erdgeschichte vor mehreren Hundert Millionen Jahren entstanden sind und wo man sie heute suchen muss. So enthalten die Überreste alter ozeanischer Kruste ebenfalls sulfidische Erzanreicherungen, die abbauwürdig sind. Diese Ophiolithe, zumeist durch Gebirgsbildungsprozesse verformt und gefaltet, findet man heute als Bruchstücke in den Kontinenten.Geologen gehen davon aus, dass weltweit mehr als 50 Prozent der Sulfidlagerstätten, die sich heute an Land befinden, in Ozeanen hinter Subduktionszonen entstanden sind. Etwa 25 Prozent haben sich an Mittelozeanischen Rücken gebildet. Diese Lagerstätten liefern hauptsächlich Kupfer, Eisen, Zink, Blei, Zinn und Molybdän, aber auch Gold wurde an einigen Stellen mit einem Gehalt von mehr als 20 Gramm pro Tonne gefunden.Erze aus heißen QuellenBergbaufirmen planen schon lange, Erzlagerstätten auf dem Meeresboden abzubauen. Bei entsprechenden Preisen wäre es durchaus möglich, zinkreiche Schlämme in zwei Kilometer Tiefe am Boden des Roten Meeres zu gewinnen. Geologen entdeckten hier in der Atlantis II-Senke einen Sulfiderzkörper mit einem Querschnitt von sieben Kilometern, der 100 Millionen Tonnen Erz enthalten soll. Davon wären 30 % Eisen, 3 % Zink, 0,5 % Kupfer und außerdem 6000 Tonnen Silber und 50 Tonnen Gold.Große Mengen an Sulfiderzen wurden an den Mittelozeanischen Rücken gefunden, wo Magma aufgrund der permanenten Konvektionsprozesse ständig Ozeanboden bildet. Kühlt es ab, entstehen Schrumpfungsrisse. Über diese Risse dringt Meerwasser in die im Durchschnitt etwa 6 Kilometer dicke ozeanische Kruste ein. Hat es sich in der Tiefe auf 200 bis 300ºC erhitzt, steigt es wieder nach oben. Durchströmt das heiße Meerwasser das Gestein, verändert es seine Zusammensetzung. Zum einen gibt es Elemente und Verbindungen wie Magnesium und Sulfate ab. Zum anderen löst es aus dem Gestein Elemente — darunter Metalle wie Kupfer, Eisen, Mangan und Zink. Kühlt diese gesättigte Lösung ab, werden die Metalle als Erzminerale ausgefällt — vor allem an den Wänden der Schwarzen Raucher.Dass diese ständig sprudelnden Erzlieferanten nicht auf die Mittelozeanischen Rücken beschränkt sind, zeigte sich in der Bismarcksee vor Papua-Neuguinea. Dort entdeckten Geologen in weniger als zwei Kilometer Tiefe Sulfiderze mit hohen Konzentrationen an Kupfer, Zink, Silber und Gold. Anders als an den Mittelozeanischen Rücken wird in der Bismarcksee eine Platte unter die andere geschoben. Das Material der abtauchenden Platte schmilzt, und Magma kann nach oben bis an den Meeresboden durchbrechen.In diesem Bereich des Pazifiks entdeckten Geologen einen regelrechten Wald an Black Smokern. Im November 1997 hat die Regierung von Papua-Neuguinea — das Abbaugebiet liegt in der 200-Seemeilen-Zone — einer Firma die Genehmigung erteilt, die Bodenschätze am Grund der Bismarcksee zu schürfen. Allerdings muss die Firma vorher die Umweltverträglichkeit des Abbaus nachweisen.Eine weitere Variante — auch hier Rohstoffknappheit und entsprechende Marktpreise vorausgesetzt — könnte darin bestehen, Vulkane in den Ozeanen untermeerisch zu erschließen. In vulkanischen Oxidkrusten vermutet man Metalle wie Kobalt und Platin. Bei Platin würde sich der Abbau bereits bei einem Gramm pro Tonne lohnen.90 Prozent der aktiven untermeerischen Vulkane befinden sich an den Plattenrändern, an den ozeanischen Rücken oder den Subduktionszonen. Nur etwa 10 Prozent stoßen innerhalb der ozeanischen Platten durch die Erdkruste durch. Diese Hot Spots im Erdmantel sind relativ stationär, und es entstehen Vulkanketten wie die Inseln von Hawaii, wenn die ozeanische Platte über sie hinwegdriftet. Auch im Umfeld dieser Intraplattenvulkane finden sich Erzkrusten und Schwarze Raucher, deren Wände aus Sulfiderzen bestehen.Dass auch das Meer Bodenschätze birgt, zeigte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Damals entdeckten die beiden britischen Forschungsschiffe »Challenger« und »Albatross« im Pazifik große Mengen Manganknollen am Boden des Ozeans.Weitere Forschungsreisen ergaben, dass sich die Felder mit den schwarzen Knollen über Millionen von Quadratkilometern erstrecken. Die kugeligen Aggregate sind gewöhnlich einige Zentimeter groß und ragen etwa zu einem Drittel aus dem Meeressediment heraus. Sie bestehen vorwiegend aus Manganoxid (35 %) sowie Anteilen von Eisen- (10 %), Kupfer- (2,5 %), Nickel- (2 %), Kobalt- (0,2 %) und weiteren Metalloxiden. An manchen Stellen im Pazifik liegen pro Quadratkilometer 38000 Tonnen Manganknollen.Wie Manganknollen entstehen, war lange umstritten. Heute sind die meisten Wissenschaftler überzeugt, dass die Oxide direkt aus dem Meerwasser ausfallen, und zwar in der Tiefsee, wo Sedimente auf der basaltischen ozeanischen Kruste liegen. In den obersten Lagen des Sediments zersetzt sich organische Substanz und gibt dabei Metalle für die Knollenbildung frei.Im Zentrum der Knollen befindet sich ein Kristallisationskern. Ein solcher Kern kann aus einem Stein oder auch aus einem Haifischzahn bestehen. Offenbar können die Knollen auch sehr schnell wachsen, da Geologen schon eine Bierdose fanden, die mit einer Erzkruste überzogen war.Als bekannt wurde, über welchen Reichtum die Tiefsee verfügt, setzte ein regelrechter Manganknollenrausch ein. Versuche zeigen, dass es technisch möglich ist, sie aus großen Tiefen zu fördern. Profitabel ist der Abbau aber erst ab einer jährlichen Fördermenge von 1,5 Millionen Tonnen. Das entspricht einer täglichen Förderrate von mehr als 5000 Tonnen in Tiefen von etwa 5000 bis 6000 Metern.Langfristig zumindest könnten sich die Knollen als wertvolle Rohstoffreserve erweisen, da reiche Manganerzlagerstätten auf dem Festland begrenzt sind. Das untermeerische Lagerstättenvolumen schätzen Geologen auf insgesamt mehrere Billionen Tonnen.Wenig bekannt sind bisher die ökologischen Folgen des Tiefseebergbaus. So würde das Leben am Meeresboden erheblich gestört. Wie sich das Ökosystem in der Tiefsee verhält, wenn durch den Bergbau etwa die Metallgehalte im Wasser steigen oder wenn aufgewirbelte Sedimente das Wasser trüben, ist noch längst nicht geklärt.Bilanzen und PrognosenDer Rohstoffabbau in der Tiefsee steht in den Startlöchern, muss aber noch einige Hürden überwinden. Der Abbau ist derzeit vor allem aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise nicht tragbar.Ein Teil der technischen Probleme ist bereits gelöst. So haben die Bergbauunternehmen erfolgreich mit ferngesteuerten Bohr- und Sprenganlagen experimentiert. Schaufelbagger, Lastenaufzüge, Eimerketten an Förderbändern, Rohre, in denen der dünnflüssige Schlamm aus zerkleinertem Erz an die Oberfläche gepumpt wird, zählen zu den Methoden, mit denen man die Bodenschätze heben will.Als 1982 die nahezu zehn Jahre währende dritte Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen endete, hatten 165 Teilnehmerstaaten ein Vertragswerk unterzeichnet, das alle Rechte und Nutzungsmöglichkeiten der Weltmeere beschreibt. Nach dem »Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen« erhält jeder Küstenstaat eine Hoheitszone von 12 Seemeilen und eine ausschließlich ihm zugeordnete Wirtschaftszone von mindestens 200 Seemeilen. Damit sind zum Beispiel 90 Prozent der Offshore-Ölreserven, die meisten Vorkommen an Phosphorit und zehn Prozent der Manganknollenvorkommen an einzelne Länder vergeben.Das Vertragswerk enthält auch Ausführungen, wie die Vertragsstaaten lebende und mineralische Ressourcen unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes nutzen dürfen. Danach muss die Umweltverträglichkeit bereits vor einem Abbautest nachgewiesen sein.Internationale Forschungskampagnen wie das Ocean Drilling Project und Prospektionsprojekte der Bergbauindustrie haben zwar in den letzten Jahren zahlreiche Lagerstätten am Boden der Ozeane entdeckt. Bisher wurden jedoch aufgrund der vielen ungeklärten Fragen lediglich Ansprüche auf Abbaurechte bei der internationalen Bergbaubehörde der Vereinten Nationen angemeldet. Sicher ist jedenfalls, dass die Weltmeere für die Zukunft ein riesiges Potenzial an Rohstoffen enthalten und es nur eine Frage der Zeit ist, bis diese von Bergbaufirmen auch ausgebeutet werden.Dipl.-Geol. Dr. Thomas SchleddingWeiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:Rohstoffe: Wirtschaft, Politik und UmweltGrundlegende Informationen finden Sie unter:Rohstoffe: Entstehung von LagerstättenAngewandte Geowissenschaften, herausgegeben von Friedrich Bender. 4 Bände. Stuttgart 1981—86.Barsch, Heiner/Bürger, Klaus: Naturressourcen der Erde und ihre Nutzung. Gotha 21996.Geodynamik und Plattentektonik. Beiträge aus Spektrum der Wissenschaft, Einführung von Peter Giese. Heidelberg u. a. 1995.Press, Frank/Siever, Raymond: Allgemeine Geologie. Eine Einführung. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1995.Richter, Dieter: Allgemeine Geologie. Berlin u. a. 41992.
Universal-Lexikon. 2012.